Kein Knutschverbot in der Reiatschule

Der Wohlstand mache selbstgefällig und träge, sagte der Opfertshofer Hannes Germann am Mittwochabend im Zentralschulhaus.

Wir leben in der besten aller Demokratien, doch Ständerat Hannes Germann warnte in seiner 1.-August-Rede davor, durch Selbstgefälligkeit und Trägheit unsere Lebensqualität zu gefährden.

HOFEN Wegen des Verbots von Höhenfeuer und Feuerwerk erhoffte sich das Publikum auf dem Zentralschulhausplatz erst recht ein rhetorisches Feuerwerk. Hannes Germann wurde den hohen Erwartungen zumindest insofern gerecht, als er in seine traditionellernsthafte Rede verschiedene Schmunzelvorlagen einflocht. Herzhaft gelacht wurde vor allem, als er erzählte, wie die IG Freiheit der Walliser Gemeinde Stalden einen «Rostigen Paragrafen» verlieh, um zu verhindern, dass deren Knutschverbot auf dem Pausenplatz andernorts Schule macht.

Trümpfe statt Trump

Zuvor hatte Hannes Germann pflichtgemäss den föderalen Bundesstaat Schweiz mit seinem Subsidiaritätsprinzip gelobt, die Vorzeigedemokratie und unsere im internationalen Kontext politisch, finanziell, wirtschaftlich und auch punkto Lebensqualität ausgezeichnete Lage. Man habe zwar keinen Trump, dafür aber Schweizer Trümpfe, die stechen, allen voran als Trumpfass das duale Bildungssystem. Hannes Germann: «Je mehr Akademiker, desto höher die Arbeitslosigkeit.»

Die Gefahren des Wohlstands

Der Wohlstand macht selbstgefällig, satt und träge. Das Schicksal früherer Hochkulturen wie der Römer, Inkas, Azteken oder Perser zeigt, dass einmal hart erkämpfte Errungenschaften nicht automatisch auf alle Ewigkeit bestehen bleiben. Es reiche nicht, darauf zu hoffen, dass es die europäischen Junker (oder der EU-Juncker) für die Schweiz richten würden, betonte der Ständerat. Man müsse das Schicksal selbst in die Hand nehmen, statt nur «me sött» sagen. Gerne vernahmen die Zuhörer, unter ihnen Gemeinderätin Andrea Müller, die angeführten Beispiele der Rettung der Reiatbadi oder der Buslinie 24.

Das richtige Mass finden

Das Wohlgefallen der Schweizer an Regulierungen zeigt sich bei der Übernahme von EU-Recht, wo man aus einem seltsamen Hang zum Perfektionismus verschiedentlich weit über das vorgegebene Ziel hinausschiesst. So etwa bei der Überführung des EU-Lebensmittelrechts, wo das Eidgenössische Departement des Innern allen Ernstes ein fast 2000-seitiges Regelwerk vorlegte, welches auch nach Protesten und einer Verschlankung zwangsläufig ein Bürokratiemonster ist.

Vieles ist aber rein hausgemacht. Germann führte die Definition der bis 1995 in der Armee dienenden Brieftaube an: «selbstreproduzierende Kleinflugkörper auf biologischer Basis mit fest programmierter automatischer Rückkehr aus beliebigen Richtungen und Distanzen». Soll man darüber schmunzeln – oder sind wir tatsächlich
so? Germann führte weitere Beispiele an, doch auch für Journalisten gilt: «Me sött» sich kürzer fassen.