Hafner Lenhard: Thaynger Keramik im Berner Oberländer Stil

In der Ausstellung «Von der Ziegelfabrik Hofen zum Tonwerk Thayngen» finden sich auch sehenswerte Objekte von Hafner Konrad Lenhard-Zürcher (1837–1896).
Der “Thaynger Anzeiger” stellt verdankenswerterweise regelmässig Platz für lokalhistorische Themen zur Verfügung.
THAYNGEN «Zur Abwehr» ist ein Inserat übertitelt, welches am 8. und am 10. August 1880 im «Schaffhauser Intelligenzblatt» erschienen ist. «Da von gewisser Seite Zweifel darüber geäussert und verbreitet werden, dass die von mir ausgestellten Arbeiten wirklich eigenes Fabrikat sind, so lade ich hiemit jeden Interessenten freundlich ein, sich in meiner Werkstatt selbst davon zu überzeugen. Thayngen, im August 1880. K. Lenhard, Hafner»
Was war geschehen? Eigentlich nichts Schlimmes. An der kantonalen Industrie- und Gewerbeausstellung fielen die Erzeugnisse von Konrad Lenhard – zusammen mit jenen von P. Deller aus Neunkirch – positiv auf, und das weckte den Argwohn der Neider, umso mehr als Konrad Lenhard ursprünglich möglicherweise kein Hafner, sondern Zimmermann gewesen ist.

Doch freuen wir uns an der positiven Besprechung im «Schaffhauser Intelligenzblatt» (3. August 1880): «Mit Recht dürfen wir auf die Erzeugnisse des Hrn. Lenhard aufmerksam machen. Wir finden hier die Nachbildung der rühmlich bekannten Heimbergerwaare, der man beginnt, grössere Aufmerksamkeit zu schenken, als dies bislang der Fall war. Wenn Hr. Lenhard nach bestimmten Modellen arbeitet, so wird er ein äusserst lohnendes Arbeitsfeld finden.»

Kunstgeübte Rosine Lenhard

Es dauert dann einige Jahre, bis wir unter dem Titel «Einheimisches Kunstgewerbe» im «Schaffhauser Intelligenzblatt» vom 20. August 1889 eine nächste aufschlussreiche Notiz finden: «Dieser Tage habe ich nun dem Meister bei passender Gelegenheit einen Besuch machen können und denselben sammt seiner kunstgeübten Frau und Gehülfin in der Werkstatt bei der Arbeit gesehen», schreibt ein nicht näher bekannter P., dem in der Gewerbehalle in Schaffhausen gewisse Objekte einheimischer Majolika (farbig glasierte Tonware) besonders gut gefallen haben. «Es ist der treffliche Hafnermeister Konrad Lenhard in Thayngen, dessen Töpfergeschirr wegen seiner Güte und Haltbarkeit schon länger in bestem Rufe steht. Weniger bekannt ist aber eben die Thatsache, dass derselbe auch sehr schöne und vorzüglich gebrannte Schauwaare, wie
Vasen aller Art, Platten, zierliche Krüge, ganze bemalte und verzierte Kaffeeservice und dergleichen mehr zu fertigen versteht, deren Zeichnung und Bemalung von der Hand der Frau Lenhard, einer geborenen Heimbergerin, herrührt.»

Das Loblied geht noch geraume Zeit weiter und mündet in das Fazit: «Kurzum, die Erzeugnisse der kunstfertigen Hände unseres Hafnermeisters und seiner Frau sind wohl werth, dass man einmal extra in Thayngen einen Besuch macht.» So künstlerisch hochstehend die Thaynger Heimberger Keramik des Ehepaars Lenhard auch gewesen sein mag, eine Goldgrube scheint sie, vermutlich mangels Vermarktung, doch nicht gewesen zu sein, jedenfalls meint P. zum Schluss, es würde ihn freuen, «wenn dadurch ein Zweig des einheimischen Kunstfleisses etwas mehr als bisher gewürdigt wird».

In den grossen Museen gesammelt

Jedoch immerhin: Wir finden sowohl im Museum zu Allerheiligen als auch im Landesmuseum Zürich einzelne Objekte des Thaynger Hafners Lenhard – und selbstverständlich auch im Reiatmuseum.

Eine Auswahl davon wird in der Ausstellung im Kulturzentrum Sternen gezeigt, um die lange Tradition der Thaynger Keramik anzudeuten. Über den Wert der Objekte von Konrad Lenhard liesse sich trefflich streiten. Er hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie in Technik und Aussehen von der Heimberger beziehungsweise Thuner oder Steffisburger Keramik inspiriert worden sind. Aber Lenhard brachte es dabei zu einer Perfektion, die jener der Berner Oberländer in nichts nachstand und auch eine individuelle Thaynger Note enthält, wie ein erfahrener Kunsthistoriker wohl nachweisen könnte. Etwas Ähnliches können wir übrigens auch über die ebenfalls ausgestellte urgeschichtliche Keramik vom Weier sagen, die der sogenannten Pfyner respektive der Michelsberger Kultur zugeschrieben wird (siehe «Thaynger Anzeiger» vom 17. Oktober).

Dem Konrad folgte Fritz Lenhard

Doch damit sind noch lange nicht alle Rätsel über den Thaynger Hafnermeister gelöst. Fest steht nun aber, dass der 1837 geborene Konrad Lenhard 1896 im Alter von nur 59 Jahren verstarb und bis kurz vor seinem Tod an der Biberstrasse tätig war. Verheiratet war er mit der gleichaltrigen Rosine Zürcher, die, wie gesehen, aus Heimberg stammte. Das Ehepaar scheint zumindest einen Sohn gehabt zu haben, der ebenfalls das Hafnerhandwerk erlernte. In der Biografie des Wiler Hafners Jakob Spühler lesen
wir nämlich, dass er um 1894 in Malters den ebenfalls auf der Walz befindlichen Thaynger Fritz Lenhard kennenlernte, «welcher ihm das von Spühler vielfach nach Bestellung verwendete Blumen- und Rankenmotiv auf dunklem Grund beibrachte. Dieses Dekor entsprach in Technik, Dessin und Farbgebung einer gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitherum lebendigen Tradition.»

Fritz Lenhard war sicher noch im Oktober 1915 als Hafner tätig, denn im «Volksblatt vom Reiat» war damals als Kuriosum zu lesen, vor dem Haus des Herrn Lenhard, Hafner, sei ein stattlicher Rehbock gesichtet worden. Dieser Fritz Lenhard war wohl der Grund, weshalb Johannes Winzeler in seiner Ortsgeschichte von 1963 im Register statt von Konrad von einem Johann Friedrich Lenhard geschrieben hat.

Ob heute noch Nachkommen dieser Hafnerfamilie in oder ausserhalb von Thayngen leben, ist zurzeit ungewiss. Wir vermuten, dass Konrad Lenhard, der sich auch Conrad schrieb, von den Lenhards in der 1927 stillgelegten mittleren Mühle an der Mühlegasse abstammt, zumal in dieser Familie der Vorname Conrad gebräuchlich war. Diese Lenhards aber sind gemäss Fritz Nägeli («Ein Blick in die Vergangenheit», Band 1) mittlerweile ausgestorben.

In der Liste der Thaynger Handwerkermeister von 1855 bis 1877 finden wir drei Hafner in Thayngen. Sie heissen Joseph Hübscher, Samuel Wanner und Johannes Keller. Einen Conrad Lenhard finden wir ebenfalls registriert – 1857 als Zimmermann. Hat er – vor 1880 – umgesattelt, um mit seiner Frau Rosine moderne Ideen à la Heimberg umzusetzen?

Kasten: Am Weihnachtsmarkt geöffnet

Die Ausstellung «Von der Ziegelfabrik Hofen zum Tonwerk Thayngen» mit Objekten
von Hafner Konrad Lenhard ist am Weihnachtsmarkt vom 9. Dezember geöffnet. Wer weiss Genaueres über die Hafnerfamilie Lenhard? Andreas Schiendorfer oder ein Vorstandsmitglied des Kulturvereins nimmt weitere Informationen gerne entgegen.