An der Salatsauce erkennst Du den feinen Unterschied

Nach dem erfolgreichen Auftakt in Neuhausen am Rheinfall gastiert das Verzehrtheater «Clowns und Kalorien» für kurze Zeit noch in Schaan. Als weitere Stationen folgen traditionsgemäss Chur und Winterthur. Zwar schliesst der Vorhang zu Küche und Bühne für diese Saison erst am 31. Januar 2016, doch wer sich nicht vergeblich nach diesem kulinarisch-emotionalen Topereignis verzehren möchte, sollte sich mit seiner Reservation sputen. Etliche Abende sind bereits ausgebucht.

Andreas Schiendorfer und Sebastian Schiendorfer

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«Ich bin Luca, der Lehrling, was möchten Sie trinken?». Eine freundliche Stimme stoppt abrupt meinen unauffälligen Blick in die Runde, bei dem ich im Halbdunkeln Sepp Trütsch, den langjährigen Freund der Gastgeberfamilie Gasser, entdeckt zu haben glaube. Trinken? Immer diese schwierigen Fragen. Eine Karaffe stilles Wasser. Schliesslich muss man sich seine Konzentration über mehrere Stunden einteilen, und nach dem Apérococktail «Hugo» kann ein wenig Zurückhaltung fürs Erste sicher nicht schaden. Lehrling? Ist das tatsächlich einen Lehrling? Die Frage bleibt unbeantwortet, denn völlig überraschend stürmt eine ganze Brigade Servierpersonal ins Zelt, und im Nu ist der erste Gang serviert.

Doch wir sind keine Gastrokritiker, wollen uns nicht auf die Teller blicken lassen. Als Schreibender, der vor Saucenspritzern nicht gefeit ist, kann man glücklicherweise den Verlauf der Geschichte selbst bestimmen. Für alle aber, die es ganz genau wissen möchten, ist das exzellent schmeckende Vier-Gang-Dinner auf der Webseite www.clowns.ch in allen Details beschrieben. Zubereitet hat es wie immer Marion Gasser, das Herz und die Seele von «Clowns und Kalorien», der Motor des Unternehmens, das mittlerweile 34 Mitarbeitende beschäftigt. «Ein Motor, der letztes Jahr gehörig ins Stocken geraten ist», meint sie lachend. Sie lacht viel und gern, doch ein leises Stirnrunzeln ist unübersehbar. «Die 18-Stunden-Arbeitstage, von morgens 9 bis morgens 3 Uhr, haben nach 15 Jahren ihre Spuren hinterlassen. Der Arzt hat mir dringend geraten, etwas kürzer zu treten.»

Natürlich stammen nach wie vor alle Kostüme und alle kulinarischen Köstlichkeiten von ihr, aber in der Küche übernehmen ihre beiden langjährigen Mitarbeiter Tarik und Aga deutlich mehr Verantwortung als bisher, und im Büro sorgt ihr knapp dreissigjähriger Sohn Domino Frithjof Gasser für die gewünschte Entlastung. Auf der Bühne selbst ist Marion Gasser dieses Jahr ebenfalls nicht mehr anzutreffen.

Die vielen Stammgäste – irgendwo habe ich auch Toni Vescoli und Dodo Hug gesichtet – werden ihr dies verzeihen, solange sie nur weiterhin ihre berühmten Salatsaucen kreiert und diese, wie immer wieder gefordert, endlich auch zum Kauf anbietet. Das wäre – doch halt, kulinarische Details haben wir uns ja ausdrücklich verbeten. Deshalb nur eine Zeitangabe: Der zweite Gang, eine Suppe, ist abgeräumt.

Der erste Showblock. Hmmh. Ist das nicht? Doch, das ist ja unser Luca. Lehrling, von wegen! Wow, der kann singen, das muss man ihm lassen. Und die internationale Servierbrigade hat sich in Windeseile in eine vielseitige Künstlertruppe verwandelt. Geboten wird auf beschränktem Raum eine breite artistische Palette in einer familiär-poetischen und darum emotional perfekten Atmosphäre. Und dieser Komiker mit seinem Haifisch (oder Highfisch?) und seinen simplen Tricks, der sich ständig für seine Tolpatschigkeit entschuldigt und sich selbst nicht ernst zu nehmen scheint! Man schmunzelt, man lacht. Anhaltend, nachhaltig. Dieser Komiker hat seinen eigenen Stil gefunden, niemand kann sich seinem Charme entziehen.

Frithjof Gasser hingegen, während vielen Jahren eine anerkannte Clownkapazität, hat sich von der Bühne zurückgezogen und konzentriert sich vorwiegend auf die Technik und Logistik des Unternehmens. An diesem Abend aber kümmert er sich doch noch im Apéroraum um den einen oder anderen Gast. Hat er nicht soeben mit der Countrysängerin Suzanne Klee und diesem Topmannequin, wie heisst sie doch gleich, Rekha Datta, gesprochen?

Die Entlastung, die auch er sich nun gönnt, investiert er in einen Jugendtraum. «Ein stimmungsvoller Adventsmarkt à la Oliver Twist», erzählt er. Nein, das ist kein blosser Traum, sondern vom 28. November bis 31. Dezember von Mittwoch bis Sonntag bereits eine romantische Realität. «Mit Schloss Klingenberg, im Thurgau zwischen Müllheim und Homburg gelegen, haben wir die ideale Örtlichkeit in einer zauberhaften Umgebung gefunden», ist er überzeugt. «Statt auf Kitsch und Kommerz setzen wir auf qualitatives Kunsthandwerk. Der Besuch soll zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Wie bei Clowns und Kalorien eben, doch auf eine ganz andere Art und Weise.»

Noch stehen zwei Gänge und ein Showblock an. Die Artisten haben für die Besucher keinen Namen, dafür aber ein Gesicht, das sie freundlich anlächelt, auch beim Bedienen. Selten kommt man Artisten so nahe. Wie viele Schritte sie wohl im Laufe eines Abends zurücklegen? Bei ihnen braucht man jedenfalls keine gross angelegte Fernseh-Schrittaktion zu starten. «Ich habe es einmal gemessen», meint Aaron Jefferson, der schon seit zehn Jahren mit dabei ist im Wohnwagentross. Mittendrin als wichtiges Familienmitglied und Co-Gastgeber sozusagen, der nicht nur auf der Bühne präsent ist, sondern als ausgebildeter Gastronom vor allem im Getränkebereich unentbehrlich ist. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Aaron, deine Schritte! «Ich bin auf gut und gerne 15000 gekommen.»

Irgendwann aber sind die Teller abgeräumt, die Artisten auf der Bühne formieren sich zum Schlussbild. Das muss so sein, zumal etliche Gäste von weit her angereist sind. Der Komiker aber, der uns schon am Eingang zum Zeltpark so höflich begrüsst hat, entpuppt sich als Domino Frithjof Gasser, als Zirkusdirektor. «Ohne Titel», wie er bescheiden betont. «Titel brauchen wir nicht. Nur weiterhin ein derart tolles Publikum.»

Das Schlusswort aber soll Marion Gasser gehören. Doch noch etwas in Sachen Salatsauce? «Nein, alles zu seiner Zeit», meint sie. «Aber gerne bedanke ich mich bei dieser Gelegenheit bei der Bevölkerung und den Behörden unserer Veranstaltungsorte. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir modernen Zigeuner während mehreren Wochen so wohlgelitten sind. Wer ausser uns kann sagen, seit Jahren gleich an fünf Orten daheim zu sein? In Stein am Rhein, wo wir in der Zwischensaison wohnen, in Neuhausen am Rheinfall, Schaan/Eschenz, Chur und Winterthur.»

Dass dies noch viele Jahre so bleibt, dafür wollen neben Marion, Frithjof und Domino Gasser übrigens auch die beiden jüngeren Geschwister Merlin Amadeus und Ginger Vanilla Gasser sorgen.

 

Vorstellungen

Schaan/FL
Bis 20. September 2015, Messeplatz im alten Riet
Mittwoch bis Samstag, 19.30 Uhr (Apéro ab 18.30 Uhr)
Sonntag, 18.30 Uhr (Apéro ab 17.30 Uhr)

Chur/GR
26. September bis 7. November 2015, Obere Au
Montag bis Samstag, 19.30 Uhr (Apéro ab 18.30 Uhr)
Sonntag, 18.30 Uhr (Apéro ab 17.30 Uhr)

Winterthur/ZH
13. November 2015 bis 31. Januar 2016, Areal Zeughausstrasse 50
November:
Dienstag bis Samstag, 19.30 Uhr (Apéro ab 18.30 Uhr)
Sonntag, 18.30 Uhr (Apéro ab 17.30 Uhr)

Dezember:
Montag bis Samstag, 19.30 Uhr (Apéro ab 18.30 Uhr)
Sonntag, 18.30 Uhr (Apéro ab 17.30 Uhr)
24. bis 26. Dezember 2015: spielfrei

Januar:
Mittwoch bis Samstag, 19.30 Uhr (Apéro ab 18.30 Uhr)
Sonntag, 18.30 Uhr (Apéro ab 17.30 Uhr)

Reservationen aus der Schweiz: 079 671 50 73 oder www.clowns.ch
Reservationen aus Deutschland und Österreich: 0041 79 671 50 73 oder http://www.clowns.ch